Frage:
Warum heißt das eigentlich Chinakohl, wenn man meistens Salat davon macht ?
anonymous
2009-01-02 03:21:00 UTC
Warum heißt das eigentlich Chinakohl, wenn man meistens Salat davon macht ?
Vier antworten:
x=y
2009-01-02 05:01:31 UTC
Wenn kleine chinesische Mädchen miteinander spielten, noch vor zwanzig Jahren, dann suchten sie sich Blumennamen, die zu ihnen paßten. Eine, im Dezember geboren und zart von Gestalt, nannte sich dann "Wasserfee", Narzisse. Wahrscheinlich kam nie eines dieser Mädchen auf die Idee, sich dermaßen mit dem Chinakohl zu identifizieren, obwohl auch dessen Blätter zart - an Gestalt und nach Geschmack - sind und er das klassische Wintergemüse bildet.



Er sei ein "gewöhnliches Gemüse", qualifiziert schon T'ao Hung-ching (456-526) den Chinakohl (Brassica chinensis) oder den verwandten Pekingkohl (Brassica pekinensis) ab. Ein anderer Kenner entgegnet hingegen auf die Frage, welches das vortrefflichste Gemüse sei, im Frühling sei das der Lauch, am Ende des Herbstes der Kohl.



Tatsächlich weist dieser Kreuzblütler Chinakohl beträchtliche Vorzüge auf: Hundert Gramm enthalten nur wenige Kalorien, aber gut 140 mg Kalium, 40 mg Calcium, 30 mg Phosphor, unverzichtbare Mineralstoffe, und viel von dem hochgepriesenen Vitamin C dazu. Viel milder als sein hiesiger entfernter Verwandter, der Weißkohl, mundet er, und er läßt sich fast ohne Abfall nutzen. Eine Roulade aus ihm (siehe die Abb.), mit einem Gemisch aus Schweine- und Pilzhack gefüllt, verdient, ganz anders als eine deutsche Kohlroulade, durchaus den schmückenden Beinamen fo-shou, "Von Buddhas Hand". Wahrscheinlich haben Mönche durch die zarten Blätter des Kohls verhüllt, daß sie das Gebot des Fleischverzichts umgingen.



Die Heimat des Chinakohls scheint Chinas Nordosten zu sein, wo auch heute wichtige Anbaugebiete liegen. Darauf deutet auch ein nächster seiner deutschen Namen: Schantungkohl, und Selleriekohl ist ein weiterer. Bekannt ist er Hausfrauen hier seit ungefähr hundert Jahren, doch wohl erst seit zwanzig Jahren wird er hierzulande auch angebaut - in den Vierlanden nahe Hamburg, in Schleswig-Holstein, auch schon in Bayern.



Seltsamerweise läßt sich der Chinakohl in chinesischen Quellen erst verhältnismäßig spät nachweisen, im 5./6. Jahrhundert. Damals war sein Name noch ein anderer als heute: sung. Das Schriftzeichen hierfür ist aus dem Bedeutungsanzeiger "Kraut" und dem Ausspracheanzeiger sung, mit der Bedeutung "Kiefer", zusammengesetzt. Die chinesische Tradition liebt, solche Fügungen zu deuten. So sagt ein altes Wörterbuch: "Der Kohl überwindet seiner Natur nach den Winter und verfällt erst spät. Er ist in allen vier Jahreszeiten zu sehen und verfügt über die Wesensart der Kiefer." Wegen ihrer Widerstandskraft und ihres Immergrüns hieß die Kiefer auch "Freund der kalten Jahreszeit". Durch solche Zeichendeutung wird der Kohl zu ihrem kleinen Bruder.



Heute heißt der Chinakohl chinesisch po-ts'ai, "Weißes Gemüse", oder hsiao po-ts'ai, "Kleines weißes Gemüse", oder ch'ing-ts'ai, "Grünes Gemüse". Eine in Shantung angebaute Unterart trägt den Beinamen huang-ya, "der Gelbsprossige", wie denn schon alte Kräuterbücher mehrere Arten des Chinakohls unterschieden - und einen Sud aus seinen Blättern als Mittel gegen die Nachwirkungen der Trunkenheit empfahlen.



Der Gourmet und Dichter Su Shih (1036-1101) meinte, Chinakohl passe vortrefflich als Beilage zu Lamm und zartem Ferkel, während sein jüngerer Bruder Su Ch'e (1039-1112) im Gedicht einmal seufzte, er sei während einer Reise all des Kohls überdrüssig geworden. Dem Pflanzenliebhaber und Dichter Fan Ch'eng-ta (1126-1193) galt sein Geschmack als honigsüß, allerdings der des im Frühling angebauten. Anscheinend gedieh dieses Gemüse nämlich schon früh das ganze Jahr über, doch mit dem Frühlingskohl verband Lo Yin (833-909) mehr als kulinarische Genüsse: "Die Blätter schwellen, und der Frühlingskohl öffnet sich."



Erstmals nennt anscheinend der landwirtschaftliche Klassiker Ch'i-min yao-shu, "Wichtigste Methoden für das einfache Volk", im 5./6. Jh. den Chinakohl. Er enthält auch ein Kurzrezept für dessen Konservierung mit Salz und Wasser - für das Sauerkraut also. Diese urdeutsche Köstlichkeit soll aus China stammen, denn die Mongolen mochten und konnten während ihrer Eroberungsritte im 13./14. Jahrhundert nicht auf dieses gehaltvolle Nahrungsmittel verzichten. Wahrscheinlich hatten sie sich jedoch in Korea eingedeckt, nicht in China. In Korea wird der Chinakohl nach vielen dutzend Rezepten eingelegt - und, unter der Bezeichnung Kimchi, als Nationalgericht sogar schon zum Frühstück genossen.



100 g Chinakohl weisen einen Brennwert von 55 kJoule auf und enthalten etwa 94 g Wasser, 1,5 g Eiweiß, 0,2 g Fett, 2,2 g Kohlenhydrate und 1 g Ballaststoffe. An Mineralien und Vitaminen sind etwa 105 mg Kalzium, 0,8 mg Eisen, 65 mg Natrium, 300 RE Vitamin A und 45 mg Vitamin C enthalten.



Chinakohl wirkt - wegen seines Gehaltes an Senfölen und Aminosäuren - nicht blähend wie andere Kohlsorten, er ist - besonders in Milch gedämpft - leichter verdaulich, weist nur einen dezenten Kohl-Geruch und -Geschmack auf und bleibt als Salat zubereitet über Stunden noch knackig frisch und behält seine Form.
anonymous
2009-01-02 11:24:28 UTC
Weil es eben eine Kohlsorte ist.

Aus anderen Kohlsorten kann man ja auch Salat machen, z.B. Rotkohl.
Tamara
2009-01-02 11:24:11 UTC
Der Chinakohl soll aus einer Kreuzung der Speise-Rübe mit Senfkohl entstanden sein. Er wurde erstmals im 5. Jahrhundert in China kultiviert und wird dort als „weißes Gemüse“ bezeichnet. Im 15. Jahrhundert wurde er auch in Korea und im 19. Jahrhundert in Japan angebaut. In Europa seit Anfang des 20. Jahrhundert bekannt.



Man kann diese Kohlsorte kochen und verwenden wie jede andere Kohlsorte auch (Wirsing z.B.)
Dianthus N
2009-01-02 11:27:24 UTC
Interessant wäre eher, warum Chinakohl Chinakohl heißt, wenn er doch das fast einzige Wintergemüse ist, das aus Deutschland kommt.


Dieser Inhalt wurde ursprünglich auf Y! Answers veröffentlicht, einer Q&A-Website, die 2021 eingestellt wurde.
Loading...